Leer: Gedenkfeier zur hundertsten Wiederkehr des Geburtstags von Esther Bejarano

Zur hundertsten Wiederkehr des Geburtstages von Esther Bejarano veranstalteten der VVN (Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes) und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Ostfriesland (GfCJZ e.V.) eine Gedenkfeier vor dem Zollhaus in Leer. Neben Ansprachen von Michael Jakob und Wolfgang Kellner, Musikbeiträgen von Bernd van Geuns und einer Lesung von Gabriele Schink berichtete der 99-jährige Shoah-Überlebende Albrecht Weinberg von seiner Begegnung mit Esther Bejarano und den in Ausschwitz und der darauffolgenden Zeit bis zur Befreiung in Bergen-Belsen erlittenen Qualen.
Wolfgang Kellner richtete folgende Worte an die Anwesenden:

„Schauen wir 100 Jahre zurück. Esther Bejarano und Albrecht Weinberg wurden 1924 bzw. 1925 in eine dramatische Zeit hineingeboren. Diese Jahre waren für die Weimarer Republik ein historischer Einschnitt. Der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert starb. Zu seinem Nachfolger wurde von fast der Hälfte aller Wählerinnen und Wähler der Reichsfeldmarschall Hindenburg gewählt. Ein nationalistischer rückwärtsgewandter Mann.
Hellsichtige Beobachter sprachen schon damals von dem dunkelsten Kapitel in der deutschen Geschichte. In den Geburtsjahren von Esther und Albrecht schrieb Adolf Hitler die „Bibel“ des Nationalsozialismus, „Mein Kampf“, eine Abrechnung mit seinen politischen Gegnern und eine Kampfansage gegenüber denen, die er am meisten hasste, den Juden. Und 1933,
8 Jahre später, übergab Hindenburg die Macht an diesen Hitler. Da gingen Esther und Albrecht noch zur Schule.

Der deutsche Weg in den Abgrund setzte sich weitere 12 Jahre fort. Das Ergebnis kennen wir alle. Millionen Opfer sind zu beklagen. Hier und heute erinnern wir an diese Opfer und verneigen uns gleichzeitig vor den Überlebenden von Ausschwitz, wie Esther Bejarano und Albrecht Weinberg. Beide haben, weil es in erschreckender Weise wieder notwendig ist, ihr Wort erhoben, um aufzuklären und zu warnen vor der neuen braunen Gefahr. „Ihr habt keine Schuld an dieser Zeit. Aber ihr macht euch schuldig, wenn ihr nichts über diese Zeit wissen wollt. Ihr müsst alles wissen, was damals geschah. Und warum es geschah.“, so Esther Bejarano.
„Macht den Mund auf“ so sagt Albrecht Weinberg immer wieder.

Ja, das sollen und müssen wir tun. Darum sind wir heute zusammengekommen“, so Wolfgang Kellner.

Albrecht Weinberg und Wolfgang Kellner bei der Gedenkfeier für Esther Bejarano vor dem Zollhaus in Leer
Albrecht Weinberg und Wolfgang Kellner