
Ich möchte mich bei den Künstlerinnen und Künstlern bedanken, dass sie sich mit den jüdischen Friedhöfen in Ostfriesland künstlerisch auseinandersetzen. Im Rahmen einer Zusammenkunft bei der Ostfriesischen Landschaft, zu der Dr. Otto eingeladen hatte, haben wir, die Gesellschaft für christliche-jüdische Zusammenarbeit, unsere Unterstützung zugesagt. Anlass und Thema dieser Zusammenkunft war die 80jährige Wiederkehr des Kriegsendes im Mai 1945 auch in Ostfriesland. Bundespräsident v. Weizsäcker sagte 1985 in einer Gedenkrede: „Wir dürfen den 8. Mai 1945 nicht vom 30. Januar 1933 trennen.“
Am 30. Januar 1933 ging das konservative Lager, u.a. in Gestalt der Deutschnationalen Volkspartei, mit der NSDAP eine Koalition ein, was zur Ernennung von Adolf Hitler zum Reichskanzler führte und das Ende der parlamentarischen Demokratie markiert.
Der Zusammenhang mit dem heutigen Inhalt der Ausstellung Thema ist unübersehbar. Die 11 jüdischen Gemeinden, die zu denen die Friedhöfe gehörten, sind ausgelöscht durch ein einzigartiges deutsches Verbrechen im NS-Staat.
Das NS-Regime, das von weiten Teilen der Bevölkerung unterstützt wurde, endete in Ostfriesland nach einer Teilkapitulation am 5. Mai 8.00 Uhr. Beendet wurde es von kanadischen Bürgern in Uniform, Freiwillige, die ab Juni 1944 vom Juno-Beach an der Küste der Normandie, 300 Tage und 1000 km kämpfend mit schweren Verlusten marschierten, bis sie Leer erreichten und den letzten Widerstand des NS-Regimes in Ostfriesland brachen.
Dass wir heute in der Stadtmitte von Leer über jüdische Friedhöfe und Gemeinden berichten und sprechen können, verdanken wir diesen Menschen. Sie haben nach dem Sieg über Nazi-Deutschland uns die Verantwortung für uns selbst übergeben. Aber wieder gibt es Tendenzen in der Politik, alles das zu relativieren und an die Nazi-Ideologie anzuknüpfen. Das muss uns beschämen.
Die jüdischen Friedhöfe setzen ein aufforderndes Zeichen, uns als Zivilgesellschaft dagegen zu wehren. Jeder ist in einer Demokratie politisch relevant. Wir stehen selbst in der Verantwortung. Nicht noch einmal werden junge Männer aus Kanada ihr Leben für unsere Demokratie und Freiheit riskieren.
In diesem Sinne wünsche ich der Ausstellung viele nachdenkliche Besucher.